PayPal vs. paydirekt – wo liegen die Unterschiede der beiden Online Zahlsysteme?
Neben AmazonPayments, Skrill und Sofortüberweisung.de ist seit dem letzten Jahr ein neuer Anbieter auf dem Markt angekommen. Paydirekt stammt aus Deutschland, ist eine Kooperation großer deutscher Kreditinstitute und soll dem Online-Riesen aus der USA zumindest hierzulande den Rang ablaufen: das wünschen sich zumindest alle Beteiligten. Was kann das deutsche Programm und hat es die Chance sich langfristig zu etablieren? Eine Gegenüberstellung.
Der Platzhirsch: PayPal
PayPal, ursprünglich aus dem Zusammenschluss von Confinity und X.com entstanden, gehörte seit 2002 zu eBay. Nachdem das Online-Bezahlsystem im Jahr 2004 dann etabliert wurde, fand es schnell die ersten Nutzer. Die Mehrheit aller eBay-Transaktionen wurde bald über den externen Anbieter abgewickelt, weswegen das Online-Auktionshaus sich die Konkurrenz zu eigen machte. Seit dem war PayPal direkt an eBay angeschlossen – erst letztes Jahr machte eBay die Tochter zum eigenständigen Unternehmen an der Börse. Das hat den Erfolg allerdings nicht eingedämmt: PayPal verzeichnet noch immer steigende Nutzerzahlen. Das Unternehmen gab für das zweite Quartal 2016 eine Zahl von 188 Millionen aktiven Nutzern weltweit an.
Das Online-Bezahlsystem punktet damit, dass für eine Anmeldung nur eine E-Mail Adresse sowie ein Girokonto vorhanden sein müssen. Bei der Anmeldung wird PayPal mit dem Girokonto des Nutzers verknüpft. Wenn dann zur Zahlung in einem Online-Shop das Zahlungs-Tool verwendet wird, müssen lediglich E-Mail Adresse und Passwort eingegeben werden. Die bei PayPal angegebene Versandadresse wird ebenso wie das Geld sofort an den betreffenden Shop weitergeleitet – so ist das Geld schnell beim Verkäufer und die Ware kann direkt losgeschickt werden. Der Käuferschutz sichert die Transaktion zusätzlich ab: kommt die Ware nicht an, kann der Nutzer das Geld zurück fordern. Unberechtigte Forderungen dieser Art sind jedoch durch den Verkäuferschutz ebenfalls abgesichert – das macht PayPal zum beliebten Instrument für beide Seiten und hat sich besonders bei eBay bewährt: so hat es das Unternehmen schließlich auch geplant. Bei externen Online-Shops ist zudem die Provision auf der Verkäufer-Seite aufgeschlagen, so dass der Kunde bei der Zahlung über PayPal keine Nachteile hat.
In Deutschland hat PayPal laut eigener Angabe 16 Millionen aktive Nutzer, die bei sieben Millionen Händlern weltweit mit PayPal bezahlen können. Große Händler, die nicht mit dabei sind, sind beispielsweise Amazon, Apple und Google. Amazon beispielweise steht in direkter Konkurrenz mit eBay, sodass eine Kooperation schlichtweg nicht infrage kam. Stattdessen hat der Online-Riese sein eigenes Payment-System entwickelt.
PayPals Nutzerzahlen wachsen weiterhin, genauso wie Umsatz und Gewinn des Unternehmens. Die ehemalige eBay-Tochter hat auch durch den alleinigen Börsengang keinen Einbruch erlebt. Nutzer schätzen vor allem, dass die Zahlung so unkompliziert und schnell von statten geht.
Quelle: PayPal
Neuling Paydirekt – die deutsche Alternative?
PayPal ist ein relativ sicheres und vor allem beliebtes Online-Zahlungssystem. Der Dienst kommt jedoch aus den USA, nicht jeder vertraut den großen Servern, die vertrauliche Daten von Millionen Nutzern tragen und natürlich auch durch Phishing-Attacken ausgespäht werden können. Da das Zahlen anschließend mit der einfachen Eingabe von E-Mail Adresse und Passwort möglich ist, ohne weitere Verifizierung, haben sich deutsche Banken und Sparkassen dazu entschieden, ein Konkurrenz-Unternehmen an den Start zu bringen. Herauskam paydirekt, eine Kooperation von deutschen Banken und Sparkassen, das ebenso einfache Transaktionen wie PayPal bietet, jedoch keinen Drittanbieter zwischen Bank und Shop schaltet, sowie eine zusätzliche TAN abfragt. Der sonstige Ablauf ist wie auch bei PayPal mit Benutzername und Passwort organisiert. Die Anmeldung erfolgt direkt über das Online-Banking System der teilnehmenden Banken und erfordert daher ein Online-fähiges Konto.
Die größten deutschen Banken haben das System gegründet: die Sparkasse und die Volksbanken-Raiffeisenbanken. Seit der Gründung haben sich weitere Banken mit angeschlossen. Daher sind in Deutschland 50 Millionen Konten für die Nutzung von paydirekt vorbereitet. Das Problem bisher liegt bei der geringen Händler-Akzeptanz. Bisher, im August 2016, nehmen nur knapp über 100 deutsche Shops an dem Programm teil – der größte davon ist Alternate.
Paydirekt wurde 2014 gegründet, im November 2015 wurde die erste Zahlung mit dem System getätigt. Vier Monate später, im Februar 2016, hatte das Unternehmen 220.000 registrierte Nutzer. Die Voraussetzung bekannter zu werden, sieht der Geschäftsführer Dr. Niklas Bartelt in der Vergrößerung des Händlerkreises – danach käme dann gezielte Werbung: „…wir (werden) dieses Jahr eine Kommunikationskampagne starten. Im Moment haben wir ganz bewusst noch nicht viel in dieser Richtung unternommen, weil wir auf der Händlerseite erst einmal eine kritische Masse erreichen müssen“, sagte er im Interview mit mobilbranche.de und trifft damit den Kern der Sache. Er sieht jedoch die Chance darin, dass die Kunden ihre Bankdaten nicht an Dritte weitergeben müssten, um online zu bezahlen. Das sei sicherer, gefühlt wie auch tatsächlich, und sorge durch die Simplizität zu weniger Kauf-Abbrüchen, denn die Eingabe von Benutzername und Passwort geht schneller als die der Bankdaten. Das motiviere die Händler zum Einstieg und die Kunden zur Registrierung.
Sicherheitslücken der Systeme
Beim Online-Shopping ist Vorsicht geboten – egal welches Bezahlsystem verwendet wird. Das Vertrauen in das System ist Voraussetzung, wem man das eher schenken möchte – den Banken oder den Servern von PayPal – ist Privatsache und eine individuelle Entscheidung. Am Ende gelten die gleichen Regeln, wie für das sonstige sichere Surfen im World Wide Web.
Die Online Bezahlsysteme sind meistens kostenfrei für den Kunden: da liegt neben der Schnelligkeit der große Vorteil. Wie ist jedoch die Sicherheit zu bewerten? „Das Bezahlen im Internet birgt heute immer die Gefahr, dass Daten abhandenkommen. Wenn Sie zum Beispiel Ihre Kreditkartendaten bei einem Online-Händler hinterlegen, müssen Sie dem Händler vertrauen, dass er diese Daten vor fremdem Zugriff schützt“, sagen die Experten von financescout24.de. „Entscheiden Sie sich für einen Drittanbieter, liegen Ihre Zahlungsdaten auf deren Servern und Sie haben keinen direkten Zugriff darauf. Auch hier müssen Sie dem Anbieter Vertrauen in die Datensicherheit schenken.“ Bei PayPal liegen diese Daten in den USA, bei paydirekt direkt bei der Bank, die die Daten ja ohnehin hat. Aber auch hier sind Phishing-Angriffe möglich – zumal ja dank des Systems nur Benutzername und Passwort notwendig sind.
Bei der Eingabe wird der Nutzer in der Regel auf eine sichere Verbindung umgeleitet, die mit https:// vor der Adresse signalisiert, dass sie verschlüsselt ist. Falls es tatsächlich dazu kommen sollte, dass unberechtigt Geld von dem Konto abgebucht wird, kann oftmals mit Hilfe der Bank das Geld zurückgeholt werden. Bei Verdacht auf einen Phishing Angriff kann entsprechend auch das Konto gesperrt werden.
Kritik gibt es schließlich für beide Systeme. Paydirekt sei zu spät gekommen, zu wenig beworben worden und als zusätzlicher Anbieter überflüssig auf dem Markt, heißt es. Bei PayPal hingegen wird kritisiert, dass der Käuferschutz tatsächlich geringer ausfalle, als angepriesen wird, dass die Nutzer von der Homeland-Security ausgespäht und dass die Daten zu Marketingzwecken weitergereicht würden. Die Überwachung der Homeland-Security führe dann ab und an zu ungerechtfertigten Sperren nicht nur bei möglichen Terrorverdächtigen, sondern auch bei der Verwandtschaft dieser. Diesen Eingriff in die Privatsphäre möchten Verbraucherschützer nicht tolerieren, ebenso schreckt es manche Nutzer ab.
Visa und PayPal als Offline Kooperation
Auch die Kreditkarte kann ausgespäht werden – das ist nichts Neues. Zukünftig geht die Entwicklung über das Online Shopping hinaus, auch das Zahlen im Geschäft soll schneller gehen und kontaktlos abgewickelt werden. Neben Kreditinstituten und Smartphone-Herstellern mischt auch PayPal mit.
Dennoch, die Online-Zahldienste sind aus dem schnellen Online-Leben nicht mehr wegzudenken, genau so wenig wie Online-Shopping. Während paydirekt also vorsichtig den Markt betritt, denkt PayPal schon weiter. Denn auch Offline-Zahlen soll jetzt mit dem eigentlichen Online-Dienst möglich werden. Dazu hat sich das Unternehmen mit Visa zusammen getan – eine Partnerschaft, die eigentlich nicht denkbar war, zumal PayPal immer im Verdacht stand den Kreditkartenunternehmen den Rang abzulaufen.
So berichtet die taz, dass in den USA demnächst kontaktloses Zahlen via PayPal möglich sein soll. Dafür nutze das Unternehmen dann alle Karten-Terminals, mit denen auch das kontaktlose Zahlen mit Visa Karten möglich sei. Beide Unternehmen hatten letztes Quartal einen ähnlich hohen Gewinn zu verzeichnen: bei PayPal war er um sechs Prozent auf 323 Millionen Dollar gestiegen, bei Visa lag dieser bei 412 Millionen Dollar. Im Vergleich zum selben Quartal im letzten Jahr war dieser jedoch dramatisch gesunken – um 1,3 Milliarden. Das jedoch sei auf die Eingliederung von VISA Europe zurückzuführen, berichtete das Unternehmen.
Fazit
PayPal ist und bleibt der Platzhirsch bei den Online-Zahlsystemen. Mit über zehn Jahren auf dem Markt ist das Unternehmen nicht mehr wegzudenken und höchstens durch noch einfachere Systeme abzulösen. Paydirekt hat dennoch Vorteile, besonders was die Sicherheit betrifft. Wem diese also wichtig ist, der sollte sich die Nutzung entsprechend überlegen. Wer Angst vor Phishing-Angriffen hat, der kann natürlich auch vollständig auf Online-Bezahlsysteme verzichten und statt der Alternative – die Kreditkarte - auf eine Debitkarte setzen. Sogenannte Prepaid-Karten haben den Vorteil der vollen Kostenkontrolle: es kann entsprechend nur das abgebucht werden, was bereits drauf ist.
Das kontaktlose Zahlen im Geschäft wird die Finanzwirtschaft weiter verändern und auch zu einer Etablierung von Smartphone Herstellern wie Apple und Samsung auf diesem Markt führen. In den nächsten Jahren sollen dafür zahlreiche Terminals mit NFC-Nahfunk aufgestellt werden. Das wiederum bedeutet auch neue Sicherheitsrisikos, die dann entsprechend auch den Offline-Bereich betreffen.
Wer auf Nummer sicher gehen will, muss entsprechend auf Bargeld setzen – und auf das Kaufen im Geschäft. Online Geschäfte sind nämlich immer eine Sicherheitslücke, auch wenn zahlreiche Konzepte dagegen entwickelt wurden und Anwendung finden. Dennoch: die Anbieter sind sich dessen bewusst, weswegen die Risiken stetig schwinden. Auch der Nutzer kann einige Tipps beachten, um den Online-Einkauf so sicher wie möglich zu machen. Nicht zuletzt schützen vor Phishing Angriffen vor allem sichere Passwörter, für jede Seite anders gewählt.
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